Historie und Unterrichtsansatz
Das von Herrn Volker Kunkel in den 70er Jahren des vergangenen Jhdts. begründete Lehr- und Forschungsinstitut für Kampfkunst und Philosophie beschäftigt sich seit rund zwanzig Jahren auch mit Europäischen Fechttechniken, speziell historischen Formen. Seit rund 15 Jahren hat Herr Kunkel in diesem Rahmen vor allem auf der Ronneburg/Hessen Fechtseminare veranstaltet, bei denen insgesamt bisher über 3000(!) Teilnehmer unterrichtet wurden, wer kann eine ähnlich erfolgreiche Bilanz im deutschsprachigen Raum ziehen? Im Mittelpunkt der Seminare steht dabei die Arbeit mit den Waffen des europäischen Mittelalters und der frühen Neuzeit, speziell dem kurzen und dem langen Schwert, die sowohl in ihrer waffentechnischen Entwicklung wie auch in der Kampftechnik einmalig sind und innerhalb von 500 Jahren Entwicklung alles übertrafen, was in anderen Kulturkreisen entwickelt wurde!
Das dafür und dabei entwickelte Unterrichtssystem der „Ronneburger Schule“ - in Dankbarkeit und Zuneigung zu dieser großartigen Burg benannt - ist auf ein realistisches, kampfmäßiges Fechten bezogen und stützt sich dabei vor allem auf Techniken der älteren italienischen und deutschen Fechtschule, hat dazu aber einen modernen Unterrichtsansatz gewählt, der zunächst –speziell in den Anfängerseminaren- defensiv ausgerichtet ist (ein wichtiger Unterschied zum klassischen Unterrichtsansatz der „Deutschen Schule“, s. auch weiter unten ). Damit steht als erster Grundstein unseres Unterrichts dieser Defensiv-Ansatz auch als leichter Zugang für Frauen, Bühnenfechter und Selbstverteidigungsinteressierte zur Verfügung.
Aber warum diese Betonung?
Die Gründe sind einfach zu benennen: Es ist zum einen das körperliche Sicherheitsmoment in der Abwehr von Angriffen, das früher bei jedem Kämpfer, der in die Schlacht ging, aus Gründen der Selbsterhaltung vorausgesetzt werden konnte, und damit auch bei jedem, der anfing, Unterricht bei einem Fechtlehrer zu nehmen (sofern er sich das überhaupt jemals leisten konnte!). Dies gilt aber nicht mehr für die überwältigenden Mehrzahl der heute lebenden Menschen in Mittel- und Westeuropa, denen glücklicherweise kriegerische Auseinandersetzungen seit einer Generation erspart geblieben sind, und die heute meistens ihren Lebensunterhalt mit einer Bürotätigkeit verdienen, also noch nicht einmal mehr körperliche Arbeit kennen mit ihren Härten und Gefahren. Was dabei aber seit dem zweiten Weltkrieg kollektiv verloren gegangen ist, ist das selbst erlebte Gefühl für Schmerz und Verletzung, das einen jeden Menschen zur Risikomeidung erzieht, speziell als Brillenträger und körperlich schwächerer Mensch. Noch vor 50 Jahren prägten überall in Deutschland junge Männer das Straßenbild, denen als Kriegsfolge ein Arm oder ein Bein abgerissen war, manchen sogar beides. Selbst wenn seine Familie glücklicherweise nicht direkt betroffen war, so konnte sich doch jeder Unverletzte spätestens im Schwimmbad durch persönlichen Augenschein überzeugen, wie mühselig das Leben mit einer schweren Körperverletzung war, und jeder war insgeheim dankbar dafür, daß ihm und seinen Angehörigen dies erspart blieb.
Zur Ergänzung und Bestätigung soll hier noch etwas auffälliges angeführt werden, nämlich daß Herr Kunkel immer wieder Ausübende, ja sogar bekannte Fechtlehrer der „Deutschen Schule“ mit starken Defiziten in der freikampflichen Defensive erlebt hat; dies speziell dann, wenn der Angreifer sich nicht „schulgemäß“ verhalten hat, also weder die gewohnten Distanzen noch die gewohnten Bindungen vorlagen. Wenn dies aber schon jahrelang geübten Kämpfern und Lehrern passiert, so muß sich hier geradezu die Frage aufdrängen, ob dies nicht mit einer tieferliegenden Problematik zusammenhängt, die nicht in der Person des Fechters begründet ist, und worin die Lösung dafür liegen könnte. Wir gehen davon aus, mit unserem Konzept auch dafür eine Antwort zu bieten.
Der nächste Grund ist die Konzeption der alten Deutschen Fechtschule (weniger der Älteren Italienischen) als äußerst aggressive Form des bewaffneten Zweikampfs, besonders mit dem Langschwert. Gekennzeichnet ist sie durch die Betonung des Kämpfens im „Vor“, also im Streben nach dem erfolgreichen Angriff, sowie in einer hohen Spezialisierung ihrer Techniken und Waffen. Hierzu zählen insbesondere das Anderthalbhänderschwert mit langer Bastardklinge, das gleichermaßen durch seine Konstruktion speziell für Hieb und Stich auf die weite Distanz geeignet ist; die Grundhuten mit direkter Bedrohung des Gegners auch in der Verteidigung; hochspezialisierte Angriffe (die fünf „Meisterhäue“, Windetechniken), Stoppen der Hiebe im „Hängen“ wiederum mit Stichbedrohung des Gegners, angestrebte Distanz- und Bindungskontrolle, d.h. insgesamt: ein geniales, spätes „endzeitliches“ Fechtsystem, das aber selbst auch wieder auf älteren einfacheren Techniken aufbaut (Kreuzparaden, Paraden mit hängender Spitze). Ohne diese zugrunde liegenden Vorformen ist aber weder ein Verständnis der Deutschen Schule-Techniken in ihrer Einmaligkeit möglich, noch eine Rückanwendung auf ältere einfache Waffen (kürzere, gekrümmte und einschneidige Hiebschwerter, solche ohne Parierstangen sowie Wanderstöcke und Kurzspieße).